World Expo – Konzeption

Wir erleben uns in einem permanenten Konflikt und Wettstreit mit anderen Individuen. Auch so etwas wie »Fortschritt«, stellen wir uns als einen Wettkampf der Ideen vor.

Um die Mitte des 18. Jahrhunderts herum fing man in der Breite der Gesellschaft an, nicht mehr die vergangene Zeit vor allem des Alter-tums, also die Antike, für groß und maßstab-setzend zu halten, sondern sich selbst, der eigenen Gegenwart und der hier und heute gestalteten Zukunft mehr zuzutrauen als der Vergangenheit.

 

Auf Weltausstellungen wurde in kompakter Form ein Stimmungsbild der Welt geboten. Hier konkurrieren Länder und Institutionen mit innovativen und beeindruckenden Architekturkonzepten um die Aufmerksamkeit des Publikums. Im Vorfeld erfolgen deshalb zumeist Diskussionen darüber, welches Bild man vermitteln möchte und welche Optionen priorisiert werden sollen. Eine solche Darstellung ist naturgemäß niemals objektiv, aber sie zeigt, welchen Gruppierungen es wichtig ist, dort mit welcher Botschaft präsent zu sein.

 

Auf dem Ausstellungsgelände findet so etwas wie ein Wettkampf der unterschiedlichen Attraktionen statt und Tag für Tag ist dann zu beobachten, wie sich das Publikum den Angeboten gegenüber verhält, wofür es sich interessiert, möglicherweise sogar lange Warteschlangen in Kauf nimmt, und was übersehen und ignoriert wird.

 

»Wir sind davon überzeugt, dass Fortschritt dadurch entsteht, dass wir Menschen aus allen Bereichen des Lebens zusammen-bringen, die den Antrieb und den Einfluss haben, positive Veränderungen zu bewirken.« Selbstbeschreibung des WEF – »World

Economic Forum«

 

Eine Weltausstellung ist kein Krisengipfel. Im Gegenteil, hier geht es vorrangig um Vorstell-ungen, die eventuell als erstrebenswert erscheinen. Das betrifft sowohl historische Phänomene, insofern sie als kulturelles Erbe nach wie vor Massen faszinieren, als auch utopische Zukunftsprojekte, die in der Lage sind, die Phantasie der Menschen zu beflügeln. Es dreht sich hier nicht darum, der Welt in repräsentativer und kompakter Form einen Spiegel vorzuhalten, sondern hier wird verhandelt, wofür Menschen sich begeistern können. Das schließt nicht aus, dass hier auch Lösungen für bedeutsame Probleme vorgestellt werden. Die Präsentationen konzentrieren sich darauf, was Menschen optimistisch, positiv und fröhlich stimmt.

 

Mies van der Rohes Deutschland-Pavillon auf der Weltausstellung 1929 in Barcelona war eine Art Musterhaus, welches die die Leistungs-fähigkeit der Industrie und des Handwerks in Deutschland veranschaulichen sollte. Obwohl der Bau als Inbegriff der Modernität bezeichnet wurde, riss man ihn nach der Weltausstellung wie vorgesehen ab. Den Einwohnern von Barcelona ging er wohl nicht aus dem Kopf: In den Achtzigerjahren entschied man sich, das Gebäude nach den Originalplänen und am selben Ort wieder aufzubauen.

Die Gebäude auf dem Ausstellungsgelände bilden für sich bereits so etwas wie eine Fantasielandschaft. Die Form der Präsentationen spielt bei der Ausstellungsgestaltung eine maßgebliche Rolle. Eine Möglichkeit, die Konflikte in sozialen Systemen zu lösen besteht darin, ein Ziel zu definieren und alle Vorhaben dahingehend zu prüfen, ob sie uns dem Ziel näher bringen oder von ihm entfernen.

 

Mies van der Rohe: Barcelona-Pavillon, World Expo 1929

Illustration: Habitat 67 ist ein vom Architekten Moshe Safdie in den Jahren 1966 bis 1967 anlässlich der Weltausstellung erschaffener Wohnhaus-komplex in der kanadischen Stadt Montreal. »Der Gedanke der Siedlung war es, durch den konsequenten Einsatz des Baukastenprinzips ein modernes und kostengünstiges Verfahren anzuregen.«

 

 

Menschen haben gelernt ihre Ideen, Träume und Vorstellungen in wahrnehmbare Formen zu übersetzen um diese dadurch verhandelbar zu machen. Wer nicht in der Lage ist, seine Positionen vorzubringen, bleibt unberück-sichtigt. Die weltanschaulichen Konflikte wurden anschaulich und dadurch verhandel-bar gemacht. Indem nicht Worte, sondern Inszenierungen einander gegenüber gestellt werden, wird »Attraktivität« zu einem entscheidenden Kriterium.