»Hat die Spaßgesellschaft ausgelacht und hat die Krise der Wirtschaft und der Werte sämtliche Lebensstrukturen durchdrungen, sodass schon aus psychohygienischen Gründen eine permanente Ablenkung erforderlich wird, um das Leben durch-zustehen? Oder haben sich die Gewichte einfach so verschoben, dass Arbeit oder besser sinnstiftende Arbeit ihren Stellenwert zurückbekommen hat und sich in den Arbeitsprozessen heutzutage mehr Entfaltungsmöglichkeiten bieten, sich Arbeit und Freizeit also nicht mehr als Antipoden einander gegenüberstehen, sondern eher ineinander greifen? Sind Urlaubs- und Ferienzeiten einfach dadurch geprägt, dass man sich von Routinen befreit bewegen kann und das möglichst weit weg oder man an solche Orte reist, die der Anmutung von Paradiesen entsprechen, Heterotope mit Glück-seligkeitsversprechen, wohl wissend, dass es sich nur um ein zeitweiliges Abtauchen in solche Glücksräume handeln kann? Oder suchen wir nur nach Phasen der Ruhe, weil der kinetische Overkill zu einer Überhitzung des Systems Mensch führt, Kopf- wie Atemlosigkeit die Sinne benebeln und das Kontrastprogramm in einem demonstrativ rasenden Stillstand besteht, in Zeiträumen, in der Zeit keine dominierende Rolle spielt? Es sich leisten können, sich im Lotussitz niederzulassen und die Augen auf die Ewigkeit zu richten – wäre das eine Alternative zu den Millionen Stunden verlorener Zeit in den Wartehallen der Flughäfen und im Stau auf Autobahnen? Die dramatischen Veränderungen in unseren Gesellschaften während der letzten Jahrzehnte haben Arbeit und Freizeit entgrenzt und entkoppelt, eigene und doch ineinander verzahnte Bereiche geschaffen. Was können wir erwarten und welche Aussichten ergeben sich im Kontext von Klimawandel, demographischen Verschiebungen, der Beschleunigung des Lebens durch die Entwick-lung der Technik – das sind entscheidende Fragen für den Tourismus- und Freizeitmarkt der Zukunft.« Roman Egger und Kurt Luger
Tirol – Probleme – Identitätskrisen
Ein Logo. Eine Marke. Ein Land. Ein Lebensraum.
»Es gibt Dinge, die man gar nicht sehen und wissen will und gelegentlich doch wissen
und sehen muss, um seinen Anstand nicht zu verlieren – zum Beispiel das ungeschminkte Gesicht der Alpen, das all die Verletzungen
dieser hochgerüsteten Vergnügungsindustrie-landschaft offenbart. Der Tiroler Fotograf Lois Hechenblaikner führt es uns meisterhaft vor.«
Jakob Strobel y Serra
»Liebe 'Fremde': Ihr müsst nicht artig sein. Schon gar nicht gleichartig. Es reicht, wenn Ihr menschlich seid. Dann sind wir uns ähnlich genug.« Mag. Gerhard Fritz, Amtsführender Stadtrat
Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte – »alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren« – ist ein Ideal geblieben. Im Alltag erleben wir sehr wohl deutliche Unterschiede in der Behandlung und den Möglichkeiten verschiedener Gruppierungen. Da beanspruchen vor allem alteingesessene Einheimische einen Sonderstatus gegenüber Tourist:innen, Fremdarbeiter:innen und Flüchtlingen. Sie haben die Geschichte der Region geprägt und sind deshalb im Besitz der geschaffenen Kultur, die sich in Sprache, Brauchtum, Ritualen, Erzählungen, Architektur, Musik, Tracht, Esskultur, Weltbild etc. manifes-tiert. Die Touristen sind die Konsumenten dieser Kultur und zahlen für die Vorteile, die sie durch dieses Kultur genießen. Die Kultur ist das Kapital, das im Wettbewerb mit anderen Destinationen ins Spiel gebracht wird. Das Geschäft mit dem Tourismus steigt, wenn es gelingt durch günstige Arbeitskräfte die nötigen Ausgaben niedrig zu halten. Mitunter müssen die Fremdarbeiter:innen sich auch als Einheimische verkleiden, um als Teil einer Inszenierung akzeptiert zu werden. Trotz Anpassung und Integration wird oft von ihnen Dankbarkeit gegenüber jenen erwartet, die Ihnen hier eine Überlebenschance bieten. All jene, die als »Migranten«, als Antworten auf ökonomische, ökologische, soziale und kulturelle Existenzbedingungen, die Flucht ergriffen haben, werden tendenziell als Problem eingestuft, da vermutet wird, sie würden keinen wertvollen Beitrag zur kulturellen Entwicklung einer Region leisten. Es wird einerseits Integration gefordert und gleichzeitig kulturelle Aneignung als Diebstahl geächtet. »Sobald Bevölkerungen auf ein Gebiet bzw. Territorium eigentumsähnliche Besitzansprüche erheben, werden die Menschen in zwei Klassen unterschieden, den Besitzenden (eines Territoriums) und den Nichtbesitzenden – wobei letztere die Erlaubnis zum Zutritt erhalten müssen. Geschieht dies nicht, so werden sie als Eindringlinge wahrgenommen und auch als solche behandelt.« Oliviero Angeli
»Oft werden Menschen als Trägerinnen und Träger einer Kultur angesehen und auf diese fixiert. Nicht selten wird kulturelle Identität zu einer Etikette, die verwendet wird, um Andere als anders zu kennzeichnen. Interessant ist die Frage, wann wir von kultureller Identität sprechen um die eigene Identität zu definieren?« tirol.gv.at
»Eine turbulente Vergangenheit hat die eigene Identität der Tiroler erst gefestigt. Heimatver-bundenheit und Zusammenhalt festigen sie zu feierlichen Anlässen mit Prozessionen, Gottes-diensten und dem Hissen der Landesfahne.« www.tirol.info
Für die Ansprache der Einheimischen und der Touristen wurde ein je eigenständiges Erschei-nungsbild entwickelt. Allerdings wächst die Anzahl jener, die zwar einen Wohnsitz in Tirol besitzen, aber diesen nur zeitweise bewohnen.