Monotheismus: Es gibt nur einen Gott, er ist einzig, allmächtig, unnahbar; man verträgt
seinen Anblick nicht, darf sich kein Bild von ihm machen, nicht einmal seinen Namen aussprechen.
Weltherrschaft in göttlichem Auftrag
Der Herrscher als guter Hirte, dem wir uns in Stille und Ehrfurcht unterwerfen.
Umfangreiche Rituale und Feste wirken gemeinschaftsbildend und bieten die Gelegenheit Hierarchien darzustellen und zu verfestigen.
Mit der Sprachfähigkeit hat sich die Begabung abstrakt zu denken und ein Streben nach Vereinfachung und Stilisierung entwickelt. Um Vorstellungen zu teilen, müssen diese für andere anschaulich gemacht werden. Um auf komplexe Vorstellungen in komprimierter Form zu verweisen, haben sich sowohl Episch-illustrative Erzählformen als auch schema-tische, siegelartige Verständigungformen entwickelt. So entwickelte sich ein Kanon, ein gewaltiges 'Gewebe' aus Bezügen und Relationen aus Bildern, Szenen, Handlungen, anekdotischen Vorfällen die sich auf alle Formen der Inszenierung übertragen lassen.
Wir brauchen Darstellungen, weil wir so vergesslich sind und Unterstützung brauchen, um uns etwas vorstellen zu können. Damit sich ein Glaube verbreitet und lebendig gehalten werden kann, haben sich Institutionen entwickelt, die sich einer solchen Aufgabe vorrangig stellen. Wirkungsmächtig sind solche Institutionen, wenn sie über die notwendigen Ressourcen verfügen.
Religionen dienen der Stärkung eines Gemein-schaftsgefühls und legen Regeln fest, die in der Lage sind, ein Zusammenleben konfliktfreier zu gestalten. In den meisten Gesellschaften haben sich konkurrierende Institutionen entwickelt, um Einfluss auf die mentalen Vorstellungen der Menschen und so auch auf deren Handlungen zu nehmen. Religiöse, politische oder wirtschaftliche Ideen können dabei einander bekämpfen oder in bestimmten Bereichen ineinandergreifen. Ist es gottgefällig, wenn wir uns einem weltlichen Herrschaftssystem unterwerfen? Welche Priorität räumen wir unserem gegenwärtigen Wohlergehen ein, oder nehmen wir Unbillen in Kauf, um in einem möglichen Leben nach dem Tod von unserem Leid zu profitieren?
Die katholische Kirche bot vielen Künstlern die Gelegenheit ihr Können unter Beweis zu stellen. Dank der meisterhaften Arbeit dieser Künstler, dominierte die Kirche lange die verfügbaren medialen Erlebnisse. Sobald eine Idee eine konkrete Gestalt annimmt, verliert sie ihren abstrakten Charakter und wird »greifbar« und somit vergleichbar mit eigenen konkreten Erfahrungen. Die Kraft der Anschaulichkeit provoziert somit auch einen Diskurs darüber, wie etwas wahrzunehmen ist.
Ausschneidebogen: Kreuz-Sonnenuhr von Georg Hartmann. 1529
Katholische Kirche - Strategie einer Institution
Die sieben Sakramente, die die römische Kirche kannte (Firmung, Taufe und Beichte als rituelle Reinigung, Abendmahl, Priesterweihe, Ehe, Letzte Ölung). Seit der frühen Antike ist der besondere Becher, der Kelch, auch symbolisch und in Riten anzutreffen. Für Jesus steht 'der Becher' sinnbildlich für das Schicksal, das er und die, die ihm nachfolgen wollen, auf sich nehmen ('trinken') müssen.
Gott vermisst die Welt mit dem Bodenzirkel, um 1220
Andenken an die erste hl. Kommunion von Josepha Bellwald, 1901
Grundriss der Kathedrale von Chartre. In der Kathedrale wird eine heilige Reliquie aufbewahrt, die als Sancta Camisia bezeichnete Tunika, die die Jungfrau Maria bei der Verheißung der Geburt Jesu durch den Erzengel Gabriel getragen haben soll.
»Für den religiösen Menschen ist der Raum nicht homogen; er weist Brüche und Risse auf: er enthält Teile, die von den übrigen qualitativ verschieden sind. Es gibt also einen heiligen, d.h. 'starken', bedeutungsvollen Raum, und es gibt andere Räume, die nicht heilig und folglich ohne Struktur und Festigkeit, in einem Wort amorph sind. Erst dieser im Raum entstandene Bruch ermöglicht die Konstituierung der Welt, denn erst er schafft den 'festen Punkt', die Mittelachse, von der jede künftige Orientierung ausgeht.« Mircea Eliade: Der heilige Raum, 1957
Kreuzigung, Dornbirn, Vorarlberg
»Die Geschichte von Jesus ist eine Auflistung von Leiden – Verrat, Einsamkeit, Selbstzweifel, Folter –, in denen unsere eigenen Probleme widergespiegelt und in einen neuen Kontext gesetzt werden. Dadurch wird der Eindruck korrigiert, man selbst habe das schlimmste Schicksal auf Erden. Die Faszination der christlichen Geschichte beruht entscheidend darauf, dass Jesus unter den mehr oder weniger größten Qualen starb, die man sich vorstellen kann. Beweis, dass wir mit unserem Elend nicht allein sind.« Alain de Botton
Sounddesign, Kirchenglocke, Mallorca
Dank der jüdischen und christlichen Religion wurde der Wein zu einem »heiligen Getränk«.