Unser Gehirn setzt immer wieder alte Bilder mit dem gleich, was „wirklich“ passiert ist. Quellenamnesie bringt viele falschen Erinnerungen hervor. Unsere Erinnerungen sind immer auch Erfindungen. Glaubt man erst einmal, etwas erlebt zu haben, unterscheidet sich die Art der Erinnerung offenbar nicht von jener an wirklich Erlebtes, und die Fantasie schmuggelt immer mehr Details dazu. Erinnerungen werden umso erfolgreicher eingepflanzt, je häufiger bestimmte Bilder gezeigt werden. Fotos sind nie isolierte Erinnerungskonserven. Die Bilder der Vergangenheit werden nie verraten, wie es wirklich war.

 

»Für Ernst Cassirer ist Kultur die jeweilige Weise, wie die Welt wahrgenommen wird, wie sie in Weltbildern und alltäglichen Vorstellungen interpretiert und welche Bedeutung ihr zugeschrieben wird. Im weiten kulturwissenschaftlichen Verständnis ist gewissermaßen alles Kultur, weil überall Bedeutungen am Werk sind. Das enge Verständnis sieht Kultur hingegen nur dort, wo es um Wert geht. Kultur und Wert hängen untrennbar miteinander zusammen. Im Feld der Kultur wird bestimmten Dingen Wert zugeschrieben, sie werden mit Wert aufgeladen und anderen wird Wert abgesprochen.« Andreas Reckwitz: Das Ende der Illusion

 

Die Fähigkeit, einen gemeinsamen begrifflichen Hintergrund zu schaffen, ist eine absolut entscheidende Dimension aller menschlichen Kommunikation.

 

»Früher entwarfen Designer Gegenstände. Heute wird praktisch alles gestaltet: das Klima, Prozesse, Flüchtlingslager. Deshalb darf Design nicht nur nach ästhetischen, funktionalen und ökonomischen Gesichtspunkten bewertet werden.« Friedrich von Borries, 2016

 

»Designer sind [auch] Maskenbildner für bodenlose Zuversicht und Schöpfer von Simulationsmitteln für trügerische Hoffnungen und falsche Auswege.« Peter Sloterdijk, 2010

 

Was ist eine Kommunikationsstrategie? Unter Kommunikation verstehe ich den Austausch von Informationen, ein Teilen, Mitteilen, Teilnehmen lassen. Ich sehe Kommunikation als eine Option, die es uns ermöglicht, dass wir zusammenfinden um etwas gemeinsam zu machen. Unter Strategie verstehe ich ein planvolles Handeln, das auf ein Ziel ausgerich-tet erscheint. In einer Welt, in der wirtschaft-liche Überlegungen im Vordergrund stehen, wird Kommunikation gerne als Marktkommu-nikation und Strategie als Werbestrategie verstanden. Wirtschaftliches Handeln ist nur ein Aspekt unseres Zusammenlebens, ist nur eine Option, um Gemeinschaften zu bilden. Kaum etwas hat den Menschen mehr bestimmt, als seine besondere Fähigkeit, Gefühle, Gedanken, Ideen, Bedeutungen auszutauschen und festzuhalten. Es lohnt daher, jene Kommunikationsstrategien miteinander zu vergleichen, die sich im Laufe der Geschichte als besonders wirkungsvoll erwiesen haben.

 

 

 

Kommunikationsstrategien – Überreden, überzeugen, manipulieren

Wie wir Zeichen nutzen um Gemeinschaften zu bilden

Höhle von Lascaux, ca. 36.000 – 19.000 v. Chr. • Malagan-Maske mit Vogel auf dem Kopf, Nord-Neuirland, Ende des 19. bis Anfang des 20. Jahrhunderts

 

»Soziale Gemeinschaft teilen sich zumeist einen beschränkten Lebensraum mit begrenz-ten Ressourcen und versuchen deshalb, in diesem Lebensraum friedlich miteinander auszukommen. Wie gut das Gesellschaften gelingt, hängt entscheidend davon ab, welches Bild sie sich von der Wirklichkeit machen. Denn davon hängt wiederum ab, wie sie ihr Zusammenleben gestalten: welche Regeln sie aufstellen, wie sie Entscheidungen treffen, die für sie als Gesellschaft, aber auch für jede Einzelne und jeden Einzelnen als Teil dieser Gesellschaft relevant sind. Um gemeinsame Lösungen für eine funktionierende Gesellschaft zu finden, müssen wir uns arrangieren und Kompromisse eingehen, wir müssen kooperie-ren. Solange wir alle derselben Meinung sind, gibt es kaum Probleme. Schwierig wird es zum einen dann, wenn Mitglieder einer Gemein-schaft unterschiedliche Interessen haben und diese durchsetzen wollen; und zum anderen, wenn sie sich nicht darüber einigen können, was wahr ist und was nicht.« Philipp Sterzer

Wie haben sich die  Kommunikationsstrate-gien entwickelt? Um Informationen austauschen zu können benötigt es mindes-tens einen Sender und einen Empfänger. Der Dialog hat sich als die klassische Form für den gegenseitigen Informationsaustausch etabliert. Tritt ein dritter Dialogpartner hinzu, wird die Situation insofern schwierig, als wir im Allgemeinen nicht in der Lage sind, zwei Informationsquellen synchron zu folgen. Wenn vielleicht auch nur für Augenblicke, so tritt stets einer der Drei in den Hintergrund. Um der Offenheit und Instabilität einer solchen Situation ein Ende zu bereiten, lässt sich die oder der Dritte isolieren. Dies kann geschehen, indem wir diese Person verdrän-gen, oder im Gegenteil, sie zum Thema der Konversation machen, um uns so der Gefahr entziehen, Feindschaft zu schüren. Indem nun also zwei Personen sich über eine Dritte austauschen, können diese eine starke und stabile Beziehung aufbauen, dessen Bezugs-feld sich jedoch durch das Ausgeschlossene begründet. Gerade indem sie sich selbst aus dem Dialog aussparen, eröffnet sich die Gelegenheit, sich in besonderer Weise als verbunden zu erfahren.

 

Ob das Ausgeschlossene dabei positiv oder negativ bewertet wird, spielt für die stabili-sierende Wirkung eine untergeordnete Rolle. Wenn ich von Kommunikations-strategien spreche, meine ich die unterschiedlichen Optionen, die sich aus dieser Grundkonstella-tion ergeben. So kann jedes Dialogpaar versuchen, den oder die Dritte auszutauschen oder insofern unter Druck zu setzen, als sie fordern, nur unter der Bedingung bestimmter Veränderungen sei er oder sie weiterhin als Bezugspunkt ihrer Dialoge akzeptabel. Umgekehrt kann aber auch die oder der Dritte versuchen, die Abhängigkeit der Dialogpartner von ihm oder ihr als Bezugspunkt zu benutzen, um die Gespräche in die eine oder andere Richtung zu lenken.

 

Das Erleben einer Macht der Täter und einer Ohnmacht der Opfer haben unsere Vorstellun-gen von den Beziehungen zwischen den Menschen so nachhaltig geprägt, dass wir auch dann gerne in ähnlichen Kategorien denken, wenn es um den kommunikativen Austausch von Zeichen geht. Auf die einen Seite werden die gestellt, die etwas zu sagen haben und auf die andere Seite jene, die lediglich als Zuhörer, als Konsumenten, als Zielgruppen betrachtet werden. Die Produzenten kommunikativer Zeichen haben ein konkretes Gesicht, die Empfänger bleiben austauschbar und anonym. Daher macht es Sinn, sich die Frage zu stellen, ob zum Beispiel ein Herrscher sein Volk beherrscht, oder das Volk sich jene Herrscher sucht, die bereit sind, die Erwartungen des Volkes zu erfüllen, oder ob Unternehmen uns dazu verleiten, ihnen unsere Ressourcen zu überlassen, oder wir durch unsere Entscheidungen die Handlungsspielräume der Unternehmen diktieren.

Unermüdlich sind wir alle damit beschäftigt, in der einen oder anderen Form Zeichen zu setzen. Das machen wir vielleicht, um uns selbst einen Gefallen zu tun, aber oft auch, um andere Menschen damit irgendwie zu erreichen, um selbst sichtbarer zu werden und das Zusammenleben zu organisieren. Nachdem es Personen und Organisationen gibt, die sich mit einer systematischen Erzeugung und Verbreitung von Zeichen beschäftigen, stellt sich die Frage, nach welchen Prinzipien und mit welchen Zielen gehen sie dabei vor? Woran liegt es, dass Zeichen offenbar sehr unter-schiedlich aufgenommen werden? Warum hassen die einen, was die anderen lieben? Was könnte sich ändern, wenn wir mit Zeichen anders, als bisher gewohnt, verfahren? Wie könnten neue Kommunikationsstrategien aufgebaut sein?

 

 

»Der entscheidende Schritt in der Anthropo-genese war die Entwicklung symbolischer Verhaltensweisen.« Ludwig von Bertalanffy

Da jeder einzelne Mensch unterschiedliche Beziehungen zu anderen Menschen pflegt und auf diesem Weg Ideen und Gedanken übernimmt, kommt es zu komplexen kulturellen Schichtungen, deren Entstehung nicht nachvollziehbar ist. Ideen können »ansteckend« sein und sich deshalb wie ein Virus verbreiten. Dies könnte erklären, warum manche Vorstellungen zu bestimmten Zeiten dominieren.

Vorbilder: Hl. Maria | Donald Trump | Adolf Hitler | Mick Jagger | Mao Zedong | Marilyn Monroe | Jesus | Josef Stalin | Michael Jackson | Benito Mussolini | Elisabeth von Österreich-Ungarn | Che Guevara | Usain Bolt | Mona Lisa | Giselle Knowles-Carter Beyoncé | Walt Disney

 

Die Mediengesellschaft orientiert sich an Charakteren, an Masken, die sie selbst produziert um öffentliche Einstellungen zu beeinflussen.