Wie können junge Menschen auf eine zunehmend digitalisierte Medienwelt vorbereitet werden?

More than Bytes – Tagung zur kulturellen und digitalen Bildung | 2019

 

Ich möchte versuchen drei Begriffe zueinander in Beziehung zu stellen: Bildung / Kreativität / Digitalisierung. Was ergibt sich aus der Digitalisierung für Kreativität fördernde Bildungsprojekte?

 

Im Kern geht es, meiner Meinung nach, immer um konkrete individuelle Menschen auch wenn diese sich als Teil sozialer Gemeinschaften erleben. Das möchte ich nicht aus dem Blick verlieren.

 

Lassen Sie mich mit dem Begriff »Digitalisierung« beginnen. Was könnte damit gemeint sein? Es lassen sich drei abgegrenzte, jedoch teilautonome Bereiche beschreiben: Natur / Kultur / Technik. Sie sind miteinander verbunden, gehen auseinander hervor und haben sich in vielfacher Weise verselbstständigt. Menschen haben bislang Techniken benutzt um bestimmte Ziele zu erreichen. Relativ neu ist jedoch, dass technische Apparaturen so miteinander vernetzt werden, dass sie in der Lage sind, unabhängig von menschlichen Steuerungsbefehlen eigenständig Aktionen auszuführen. Wie lässt sich die aktuelle technische Welt charakterisieren? Je nach Blickwinkel haben die von Menschen entwickelten Technologien Hoffnungen oder Befürchtungen hervorgerufen. Es macht daher Sinn, sich die aktuellen Entwicklungen im Detail anzusehen, um mögliche Konsequenzen besser einschätzen zu können.

Sensoren: Wir haben eine Vielzahl von Sensoren entwickelt, die auf unterschiedliche Weise, in konfigurierter Form, auf Teilaspekte wahrnehmbarer Situationen reagieren. Sie messen zum Beispiel Abstände von Objekten zueinander, Bewegungen, Lichtfrequenzen, Temperaturen und vieles mehr. Die Anzahl der Sensoren, die heute Daten sammeln, nimmt mit erstaunlicher Geschwindigkeit zu. Sie sind die Ursache dafür, dass ein von Menschen unabhängiges Bild der Welt entsteht. Sensoren sollten jedoch nicht mit menschlichen Wahrnehmungsorganen verwechselt werden. Menschliche Wahrnehmung ist von Intentionen gesteuert und von einem komplexen Verarbeitungssystem begleitet. Unsere Emotionen und Vorstellungen verändern permanent die Aufmerksamkeit, die wir unseren Sinneseindrücken schenken. Wir können versuchen wegzusehen, wenn uns etwas nicht gefällt. Menschliche Wahrnehmung ist selektiv und dadurch subjektiv.

Digitalisierung: Daten von Sensoren werden in eine universale Sprache übersetzt. Jeder einzelne Sensor vermisst nur einen sehr begrenzten Bereich. Als Daten lassen sich diese Vermessungen und Quantifizierungen jedoch miteinander verknüpfen. Je nachdem, wie sie miteinander verknüpft werden, ergeben sich unterschiedliche Bilder. Aus dem Blickwinkel eines autonomen Fahrzeugs besteht die Welt derzeit vorwiegend aus einer Ansammlung räumlicher verteilter Punkte. Um selbständig zu navigieren, benötigt ein Fahrzeug ein vorgegebenes Ziel und die Fähigkeit, Hindernissen auszuweichen. Das Fahrzeug entwickelt keine Vorstellung darüber, was aktuell in dieser Welt aus menschlicher Sicht vor sich geht. Daten sind objektiv. Sie zeigen Messergebnisse. Menschen messen nicht sondern empfinden. Unser Körper mag sich heiß anfühlen, wir können jedoch nicht sagen, wie viel Grad an bestimmten Körperstellen gemessen werden kann. Menschen kennen vielfältige Methoden der Datenreduktion mittels Abstraktion, aber auch Möglichkeiten eines spielerischen Umgangs mit Wahrnehmungen und Erinnerungen. Phantasie und Wahrnehmung sind hierbei keine voneinander getrennten Vorgänge, sondern beeinflussen sich gegenseitig. Intelligenz ist vielfältig, dynamisch. Das Gehirn ist nicht in Abteilungen unterteilt, sondern arbeitet hochgradig vernetzt.

Speicherung: Da unser menschliches Gehirn nur eine begrenzte Anzahl von Daten speichern kann, haben sich Speichermedien entwickelt. Diese Medien erlauben es uns, Erfahrungen auszulagern und aufzubewahren. Digitale Speicherungen benötigen weniger Raum und lassen sich leichter auffinden als analoge Speicherungen. Dank laufender Fortschritte in den Bereichen Textverständnis, Sprach- und Bilderkennung können enorme Datenmengen schnell durchsucht werden. Es wird dadurch einfacher, datenbasierte Hinweise auf verschiedene Fragestellungen zu erhalten. Der Blick auf die Welt erweitert sich. Nachdenken können wir deshalb trotzdem nur über Informationen, die uns im Gedächtnis gegenwärtig sind. Und Nachdenken wird durch ein Zusammentreffen unterschiedlicher Blickwinkel gefördert. Das menschliche Denkvermögen verdanken wir primär sozialem Austausch. Es ist und war die Notwendigkeit andere zu verstehen, wodurch sich unser Denken bereichert.

Programmatische Datenverarbeitung: Digitale Daten lassen sich beliebig miteinander verrechnen und manipulieren. So entsteht die Illusion denkender Maschinen und im Gegenzug die Vorstellung, menschliche Gehirne seien Denkmaschinen, die nach programmatischen Methoden arbeiten. Programme kennen keine »Gefühle«. Menschliche Emotionen wurden deshalb gerne als Behinderung rationaler Denkvorgänge betrachtet. Menschen zeichnet jedoch aus, dass Informationsverarbeitung prinzipiell Teil körperlicher Aktivitäten ist und Emotionen notwendige Hinweise über unseren körperlichen Status liefern. Ein Denken, dass die Körperlichkeit der Menschen unberücksichtigt lässt, läuft immer Gefahr menschenfeindlich zu sein. Maschinen stellen sich selbst keine Fragen. Sie können sich bislang nicht selbst motivieren oder so etwas wie ein Problembewusstseins entwickeln.

Netzwerke und Datenaustausch: Menschliche Kommunikation ist nicht nur in seinem Umfang beschränkt, sondern auch permanent von Übertragungsfehlern bedroht. Digitaler Datenaustausch ist demgegenüber erheblich leistungsfähiger und nur durch die Kapazität der Übertragungskanäle limitiert. Digitale Daten verlieren bei ihrer Übertagung nicht an Qualität. Dabei wird gerne übersehen, dass es gerade die Ergebnisoffenheit und strukturelle Unklarheit menschlicher Kommunikation ist, die es uns ermöglicht neue Ideen und Lösungen zu entwickeln, oder wie wir es auch nennen, »kreativ« zu sein.

Selbstlernende Systeme: Die durch Datenvernetzung und Datenverarbeitungen entstandenen Optionen übersteigen die Wahrnehmungs- und Denkleistungen von Menschen bei weitem. Es haben sich deshalb in etlichen Bereichen technische Systeme entwickelt, die in der Lage sind, auf Basis großer Datenbestände, eigenständig Muster und Zusammenhänge zu erkennen. Häufig werden diese Rechenleistungen als »künstliche Intelligenz« bezeichnet. Menschliches Denken zeichnet sich im Allgemeinen durch eine Handlungsorientierung aus. Wir suchen nach Handlungsoptionen, in Zusammenhang mit Risikokalkulationen. Ähnliches können Rechenmaschinen bestenfalls simulieren, nicht jedoch empfinden. Nur in dem Maße, als Menschen sich als Befehlsgeber technischer Geräte oder als Handelnde innerhalb normierter Abläufe verstehen, entsteht eine Konkurrenzsituation. Die Gefahr ersetzt zu werden, besteht somit nur in all jenen Bereichen, in denen Körperlichkeit ohne Bedeutung ist.

Produktion wahrnehmbarer Artefakte / Visualisierung: Damit wir mit den Rechenleistungen von Computern etwas anfangen können, entwickeln sich immer wieder neue Schnittstellen, die es uns ermöglichen, einen Blick auf Rechenergebnisse zu werfen. Bei aller Nähe der Simulationen mit konkreten Lebenssituationen, handelt es sich dabei vorerst nicht um eine »virtuelle Realität« sondern um zunehmend »greifbarere« Illusionen. Menschen hoffen schon lange,  illusionäre mediale Produktionen könnten uns »hinter« die Dinge blicken lassen, als müsste alles Bedeutsame grundsätzlich aus seinem Versteck gerissen werden. Diese neuen Technologien verführen dazu, den Illusionen mehr zu vertrauen, als den eigenen unmittelbaren Wahrnehmungen.

Steuerungssysteme: Der Kreislauf beginnt sich derzeit zu schließen. Digitale Datenverarbeitungssysteme beginnen vermehrt Objekte und Werkzeuge und schlussendlich auch uns Menschen zu steuern. Digital vernetzte Systeme ermöglichen zum Beispiel eine selbstorganisierte Produktion von Gegenständen, indem Logistik, Anlagen, Maschinen und Transportsysteme autonom, auf einander abgestimmt Aktionen, ausführen. So wie wir im Laufe von Jahrtausenden gelernt haben, inmitten einer natürlichen Umwelt zu leben und diese nach Möglichkeit für uns zu nutzen, so sind wir aktuell damit beschäftigt eine teilautonome technische Welt zu schaffen, in der wir auch erst wieder lernen müssen uns als Menschen zu behaupten und unseren Platz und unsere Rolle zu finden.

Wenn von Digitalisierung gesprochen wird, dann reicht das Bild oft nicht über die Benutzung smarter Devices hinaus. Was jedoch derzeit entsteht, ist eine weitere Welt, in der wir Menschen auf grundlegend veränderte Bedingungen treffen. Nahezu alle Lebensbereiche sind derzeit einem radikalen Wandel unterworfen. Umso deutlicher wir spüren, dass sich die technologischen Entwicklungen nicht aufhalten lassen, desto größer scheint die Hoffnung zu werden, eine Rückkehr zu tradierten kulturellen Mustern könnte uns vor einer ungewissen Zukunft bewahren. Sind Ideen und Optionen einmal geboren, können sie jedoch nur selten wieder zum Verschwinden gebracht werden. Wie wir damit umgehen, liegt allerdings in unseren Händen.

 

Bildung & Arbeitswelt: So stellt sich die Frage: Welche Rolle könnte und sollte Bildung in dieser gegenwärtigen Situation spielen. Soweit ich das beobachten kann, sind viele der aktuellen Bildungssysteme noch an einer analogen Welt orientiert und wir müssten erst lernen, mit den neuen Umständen einer technisch dominierten Umwelt zurecht zu kommen. Ausgangspunkt heutiger Bildungssysteme ist ein klar umgrenzter Bildungskanon, eine Liste von Informationspartikeln, die abgefüllt in so genannte »Fächer« den Schülerinnern und Schülern eingetrichtert und abgeprüft werden. Basis für einen solchen Unterricht waren klare Vorstellungen darüber, was jemand wissen muss und welche Kenntnisse und Fähigkeiten für die Ausübung eines klar definierten Berufsfelds notwendig erachtet wurden. Es hat sich eine Hierarchie der Schulfächer entwickelt: Mathematik und Sprachen an der Spitze, Förderung von Beziehungsfähigkeit und Kreativität gerne an unterster Stelle. Wer sich, wie vorgesehen, gedanklich und körperlich kultivieren, prägen und disziplinieren lässt, dem wurde eine berufliche Karriere versprochen, auf die wir auch weitestgehend angewiesen sind, um vor allem mehr als nur überleben zu können. Schulsysteme hatten die Aufgabe aus Menschen industriekompatible Wesen zu formen. Nachdem man in Büros und Produktionsstätten nicht tanzt, musiziert und malt, wurde diese Fertigkeiten auch keine entscheidende Bedeutung zugemessen. Diese Illusion, dass Bildung eine berufliche Karriere garantiert, lässt sich zunehmend nicht mehr aufrecht erhalten. Nachdem Geldkreisläufe das Steuerungssystem der Arbeitswelt sind, zählt menschliche Arbeit genau so viel, wie sich mit ihrer Hilfe Gewinne erwirtschaften lassen. Von Tag zu Tag sinken jedoch die Kosten jener Maschinen und Rechensysteme, die in der Lage sind, Arbeitsleistungen zu übernehmen, für die uns die aktuellen Bildungssysteme versuchen fit zu machen. Diese sich selbst steuernden Systeme übernehmen nicht nur manuelle und körperliche, sondern ebenfalls so genannte mentale und geistige Tätigkeiten. Dies können technische Systeme allerdings nur deshalb, weil wir uns eine Lebenswelt geschaffen haben, in der Menschen als Maschinen betrachtet werden, deren Aufgabe es sei, vordefinierte Ziele möglichst effizient zu erreichen. Die zentrale Frage, die sich durch diese Entwicklung stellt ist nicht nur, werden wir unsere Arbeit verlieren, sondern für welche Zukunft bilden wir junge Menschen aus? Sind Konsum, Wachstum und Gewinnmaximierung wirklich jene Werte, um die sich alles dreht? Ist eine solche Ausrichtung ohne Alternativen? Sind  nicht immer jene, die am nachdrücklichsten Hilfe und Unterstützung brauchen, genau die, die nicht im Stande sind solche Leistungen zu bezahlen? Wäre es nicht an der Zeit, die dominierenden Modelle menschlicher Tätigkeiten grundlegend zu überdenken? Wir könnten die aktuellen Veränderungen auch zum Anlass nehmen, über grundlegende Änderungen in unseren Wertehierarchien nachzudenken. Nur wenn wir in der Lage sind unsere Lebensziele zu definieren, lässt sich ableiten, wie Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung bestmöglich unterstützt werden können. Angenommen, wir erlauben den Menschen unterschiedliche Antworten auf Wertbestimmungen, dann macht ein einheitliches Bildungssystem, dass einzelne Zielsetzungen unberücksichtigt lässt, wenig Sinn. Die Zeiten der Massenfertigung neigen sich ihrem Ende zu. Das betrifft die institutionelle Organisationen ebenso, wie industrielle Massenproduktion und Bildungssysteme.

 

Kreativität & Gewinnmaximierung: Vielleicht ist jetzt ein guter Zeitpunkt gekommen, um über den einen, in die Ecke gedrängten Begriff »Kreativität« nachzudenken. Mich hat die Verwendung dieses Begriffs immer verwundert. Es gibt einen Wirtschaftsbereich, der sich als »Kreativwirtschaft« versteht. In Schulen gibt es spezielle Unterrichtsfächer, die sich vermeintlich mit Kreativität beschäftigen und diese zu fördern versuchen. Und dann haben wir mehr oder weniger abgeschottete Bereiche geschaffen, in denen das zu Hause sein soll, was wir als Kunst bezeichnen. Warum diese Einschränkung auf nur einen Bereich menschlichen Handelns? Und was erwarten wir uns von kreativen Leistungen? Unter »Kreativindustrie« werden vielfach Leistungen verstanden, die geeignet sein sollen Konsum anzukurbeln und Gewinne zu generieren. Kreativität ist in diesem Zusammenhang so etwas wie eine Zauberformel. Ziel ist es wahrnehm-bare Situationen zu schaffen, die uns in einer vorgegebenen Weise zu bestimmten Handlungsmustern verleiten. Im Kern sollen Zeichenkombinationen uns Zusammenhänge näher bringen. Angebliche Ursachen und Wirkungen sollen exemplarisch erfahrbar gemacht werden und vor allem über Wiederholungs-effekte an Plausibilität gewinnen. Umso intensiver die Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen ausfällt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass solche vorgetäuschten Muster als unhinterfragbar und selbstverständlich erscheinen. Ebenfalls auf Gewinnmaximierung zielen jene Märkte, in denen Kunst als Wertsteigerungsmöglichkeit angepriesen wird. Teuer ist, was nachgefragt wird. Sowohl auf Kunstmärkten, als auch in der so genannten »Kreativindustrie« geht es nicht um die Fähigkeit der Menschen Handlungsoptionen zu erforschen und zu entwickeln, die über Konventionen und Routinen hinausgehen. Ganz im Gegenteil, vorgegebene Wertsysteme sollen stabilisiert werden. Parallel dazu hat sich noch ein weiterer Bereich kulturellen Konsums herausgebildet. Menschen wollen heute unterhalten werden, jedoch meist auf eine Art, die ihnen wenig abverlangt. Aktiv sind wir hierbei fast nur als Auswählende und als Resonanzkörper, die auf Reize bestenfalls reagieren. Verloren geht dabei eine grundlegende menschliche Kompetenz. Wenn Menschen zum Beispiel Gegenstände manuell herstellen, bietet dies ihnen die Möglichkeit, sich handelnd zu erfahren und Ideen ohne Umwege zu realisieren. Wenn wir erleben können, dass unser Handeln Konsequenzen nach sich zieht, ist es auch leichter und naheliegender Verantwortung zu übernehmen. Ziel sollte es daher nicht sein, Kinder und Jugendliche so schnell und intensiv als möglich mit digitalen Technologien, und den damit verbundenen Services, vertraut zu machen. Vielmehr bedarf es fachkundiger Unterstützung, um diese Welt kritisch analysieren zu können und sie in ihren Konsequenzen durchschaubar zu machen. Die menschliche Kraft zur Innovation sollte sich nicht in der Optimierung von Produkten und Services erschöpfen. Kreativität ist vor allem dann notwendig, wenn es darum geht, alternative Handlungsoptionen zu entdecken. Es hat sich gezeigt, dass eine produktorientierte Konsumhaltung mehr Probleme schafft, als sie löst. Bildungskonzepte sollten sich nicht in Anpassungsbemühungen erschöpfen. Wir könnten vielmehr die aktuellen Veränderungen zum Anlass nehmen, Bildung ebenfalls von Grund auf neu zu denken. Wenn wir uns noch einmal die Liste der Bereiche ansehen, in denen technologische Entwicklungen unser Leben verändern, dann könnte der Fokus im Rahmen von Bildungsangeboten gerade darin bestehen, jene Fähigkeiten zu fördern, für die keine technologischen Alternativen bestehen.

Sensoren / sinnliche Wahrnehmung: Zur Fähigkeit, die eigenen Sinne zu nutzen, gehört nicht nur Sehen, Hören, Riechen, Tasten und Schmecken zu lernen, sondern ebenso die vorhandenen sinnlichen Qualitäten zu genießen. Die Steigerung der Sensibilität führt auch dazu, optischen und akustischen Lärm, schlechte Luft und verschmutzte Natur deutlicher wahrzunehmen und als Problem zu erkennen.

Digitalisierung / Übersetzung in mentale Modelle: Der extrem wachsende Konsum medial vermittelter Eindrücke entfremdet uns zunehmend von unserer konkreten Lebensumgebung. Die Fähigkeit, virtuelle von realen Eindrücken unterscheiden zu lernen, ist unverzichtbar, wenn wir unser Leben selbst gestalten wollen.

Speicherung / Erinnerungen: Alle menschlichen Bewertungen und Entscheidungen beruhen auf dem Vergleich mit den jeweils vorhandenen Erinnerungen. Kultur bedeutet Weitergabe und Aneignung eines Erfahrungsschatzes. Man sagt auch, etwas sei in »Fleisch und Blut« übergegangen. Gemeint ist, dass es einen qualitativen Unterschied gibt zwischen Informationen, die uns nur übermittelt wurden, und Erfahrungen, die wir durch eigenes Handeln nachvollziehen können.


Programmatische Datenverarbeitung / Denken, Spielen, Experimentieren, Träumen: Die Bedeutung eines spielerischen, experimentellen Handelns wird in Bildungsinstitutionen gerne hintan gestellt. Computer übertreffen Menschen lediglich in der Entwicklung einer Vielzahl von Varianten. Vereinfacht gesagt, verändert sich das »Programm« menschliches Denkens und Handelns jedoch Schritt für Schritt. Es handelt sich beim Menschen eben nicht um ein Abarbeiten vorgegebener Routinen. Deshalb fällt vielen Kinder und Jugendlichen auch die Lösung schulischer Aufgaben schwer. Menschen handeln im Grunde assoziativ, sprunghaft und mit variablen Intentionen.

Netzwerke und Datenaustausch / Bemerken, Kommunizieren, Beraten: Kommunikation ist im Idealfall responsiv. Gemeint ist damit die Bereitschaft, auf Kommunikationssignale einzugehen. Es ist kein simples übermitteln von im Grunde vorgegebenen Informationen. Aktion und Reaktion ist hierbei nicht vergleichbar einem Tennisspiel sondern vielmehr mit dem Mixen chemischer Substanzen, aus denen ein Stoff mit neuen, zuvor nicht da gewesenen Eigenschaften entsteht.

Selbstlernende Systeme / Erfahrungen sammeln: Die so genannten selbstlernenden Systeme suchen derzeit lediglich nach Mustern in großen Datenbeständen. Sie sammeln dabei keine Erfahrungen, in dem Sinne, als dass sie unterschiedliche Handlungsmöglichkeiten erproben um sie in einen breiten Kontext mit komplexen, mutierenden mentalen Modellen zu stellen. Erfahrung erfordert ein Bewusstsein der eigenen Wirkungsmächtigkeit in Bezug auf Umwelt und eigene Existenz.

Produktion wahrnehmbarer Artefakte, Visualisierung / Ausdrucksfähigkeit: Menschliche Ausdrucksfähigkeit ist außerordentlich vielseitig. Menschen können innere Vorstellungen in unterschiedlichster Form weitergeben, wobei sich die Vorstellungen durch den Übersetzungsprozess vielfach erst konkretisieren und modifizieren. Indem wir einer Situation eine Gestalt geben, erkennen wir mitunter erst, was in uns vor sich geht und können darauf wiederum reagieren.

Steuerungssysteme / Gestalten, Entwickeln, Erfinden: Unsere Ausdrucksfähigkeit entscheidet darüber, welche Handlungsoptionen uns innerhalb sozialer Gemeinschaften  zugestanden werden. Gestaltung zielt somit auf die Entwicklung von sozialen Handlungsräumen.

Ich hoffe, ich konnte ein paar Hinweise geben, welche Rolle uns Menschen in einer fortschreitend technisierten Welt zukommt. Bildung sollte einen Beitrag dazu leisten wieder vollumfänglich Mensch zu bleiben oder zu werden und nicht Menschen zu maschinenkompatiblen Wesen umzuformen. Die Fähigkeit, die eigene Kreativität zu nutzen, um sein Leben lebenswert zu gestalten, sollte in allen Bereichen gefördert werden. Rechner können hervorragend rechnen, jedoch nur Menschen können ihr Leben genießen, indem sie sich als Gestaltende lebendig erleben.

 

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