„Seit frühesten Zeiten haben wir gelernt uns gegenseitig etwas vorzumachen, uns zu maskieren, um mit Hilfe von Illusionen andere zu verschrecken oder zu verzaubern. Die aktuelle Diskussion dürfte sich jedoch einem anderen Umstand verdanken.
Wie bereits oft in der Geschichte ist es technische Entwicklung, mit anderen Worten Teufelszeug, das unser Weltbild erschüttert. Mit der Verbreitung der Fotografie verwandelten sich Ereignisse in so etwas wie einen Tatbestand, der sich auch unabhängig von subjektiver Wahrnehmung festmachen und beschrei-ben lässt. Dass auch hier erst individuelle Deko-dierungsleistung von Auge und Gehirn Deutungen konstruiert, konnte leicht in Vergessenheit geraten. Wir haben gelernt uns darauf einzustellen und inszenieren, was als glaubwürdige Erscheinung Eindruck machen soll.
Ob Bilder gestellt sind oder etwas anderes zeigen, als ihnen zugeschrieben wird, spielt für deren Wirkungs-kraft keine entscheidende Rolle. Auf bildgerechtes Handeln sind wir inzwischen konditioniert. Mitunter brennen sich einzelne Standbilder als Ikonen in unser Gedächtnis ein. Selbst Andeutungen reichen dann aus, um uns ein bestimmtes Bild vor Augen zu führen. Abbilder objektivieren – nicht weil sie uns unbedingt einer wie immer gearteten Realität näher bringen, sondern weil sie aus Personen etwas machen, das wir scheinbar so sehr in Besitz nehmen können, dass die Abgebildeten die Macht über ihre Wirkung verlieren.
Sobald die Bilder laufen lernten, wurden alle Möglichkeiten genutzt um ein wachsendes Publikum mit Illusionen und Tricks zu unterhalten.
Aber auch wenn wir mit bestem Wissen und Gewissen versuchen Bild und Abbild, Vorstellung und Darstellung einander entsprechen zu lassen, kann sich das Ergebnis als trickreiche Manipulation entpuppen. Susan Sontag meint, dass Bilder, die im Widerspruch zu den eigenen liebgewordenen Überzeugungen stehen, gerne mit dem Hinweis abgetan werden, sie seien gestellt.
Ist es denn überhaupt von Bedeutung, ob für Bilder in unserem Gedächtnis eine Entsprechung in irgendeiner anderen Welt existiert, solange sie sich festsetzen und unauslöschliche Eindrücke hinterlassen? Wie an jeder Ecke zu sehen, ist der Zweifel am Realitätsgehalt von Werbebotschaften allgegenwärtig. Dass wir uns nicht vehementer gegen unglaubwürdige Propaganda verwehren, hat wahrscheinlich einen einfachen Grund. Wir sind vielleicht einfach froh, dass uns die bunte Welt der Werbesujets den Blick auf weniger schöne Anblicke und Sachverhalte verstellt und freuen uns über jede willkommene Ablenkung? ..."
Siehe auch: Real Fake, Reality as Image, Image as Reality, Kunstuniversität Linz, 2010
Image Bild Manipulation | Fake it until you make it
Linz | Kunstuniversität | Symposion „real/fake” | 2010