World Expo – Skeptizismus

»Der Mensch vollendet im Fest seiner Gottähnlichkeit den Mythos seiner Macht bis zur millionenfachen Selbstzerstörung.« Uwe Schultz

 

Unsere Wirtschaft lebt von Erwartungen, Zukunftshoffnungen und Versprechungen. Diese müssen immer wieder erneut in überzeugender Form inszeniert werden. Alles muss ständig neu, besser, überraschend und innovativ sein. Messen, Expos, Ausstellungen, Konferenzen, diverse Shows und Modeschauen sind die Orte, an denen uns ein Vorgeschmack auf vermeintlich zukünftige Entwicklungen geboten wird. Menschen haben gelernt ihre Ideen, Träume und Vorstellungen in wahrnehm-bare Formen zu übersetzen um diese dadurch verhandelbar zu machen. Wer nicht in der Lage ist, seine Positionen vorzubringen, bleibt unberücksichtigt.

 

Atomium, Brüssel, zur »Expo ’58« errichtet • Ein Symbol für die erwarteten Segnungen der Atomtechnik. Der Architekt André Waterkeyn hatte das Atomium als Symbol für das Atomzeitalter und die friedliche Nutzung der Kernenergie entworfen. Als 1958 die Weltausstellung in Belgien stattfand, gab es noch keine Angst vor den Folgen der Kernenergie und das »Atomium« sollte den wissenschaftlichen Fortschritt verkörpern.

 

 

Die Weltausstellungen vermitteln den Eindruck als gäbe es keine Alternativen zur kapitalis-tischen Weltsicht, als wäre Profitmaximierung die einzige Maxime, die menschliches Handeln bestimmt. Nur weil hier zum Beispiel auch Windräder, alternative Verkehrsmittel, gentechnisch manipulierte Nahrungsmittel, neue Unterhaltungsangebote und revolutio-näre Sicherheitstechnik präsentiert wird, bedeutet dies nicht, dass in Zukunft die Umwelt geschont wird, dass Atomkraftwerke, prekäre Arbeitsverhältnisse,  Überwachungs-maßnahmen oder der Hunger in vielen Ländern der Welt verschwinden. Dem Publikum wird vermittelt, sie müssen sich selbst keine Gedanken machen, denn die angeblich freien Märkte würden von selbst dafür sorgen, dass alle Probleme aus der Welt verschwinden.

 

Auf Weltausstellungen traten erstmals internationale Konzerne in Konkurrenz zu Ländern und haben uns deutlich gezeigt, dass jene Lebensbereiche, in denen wir mit Hilfe politischer Systeme eventuell eine Stimme besitzen, an Bedeutung verlieren. Was uns bleibt, ist die Freiheit der Konsumentschei-dung, und ich denke, diese Freiheit sollten wir auch verantwortungsbewusst nutzen. Aber helfen uns diese Ausstellungen zu verstehen, welche Zusammenhänge wir fördern und begünstigen, wenn wir uns für die Angebote des einen oder anderen Konzerns entscheiden?

 

Die technologischen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte haben zu einer enormen Ausbreitung von Formen medialer Vermittlung geführt. Digital gesteuerte Wahrnehmungs-formen breiten sich vermehrt in analogen Umgebungen aus und lassen sich immer schwerer voneinander klar unterscheiden. Entstammen die Geräusche, die wir hören, echten Aktionen oder sind sie nur zugespielt? Woher kommen die Gerüche, die Lichteffekte, die Bilder, die uns umgeben? Gelingt es uns noch zwischen realen und virtuellen Eindrücken zu unterscheiden? Virtuelle Erlebnisse lassen sich inzwischen leichter

steuern, als Ereignisse im realen Raum. Die »Wirklichkeit« wird somit zunehmend als problematisch und als kompliziert erlebt.