Erwin K. Bauer | Dieter Mayer | Orientation & Identity Portraits internationaler Leitsysteme SpringerWienNewYork | 2009

Das Buch bietet, am Beispiel 17 ausgewählter Projekte, einen umfassenden Einblick in die noch junge Disziplin der Signaletik.

 

Ich durfte einen Beitrag zum Thema „Identität als Orientierungsmaßstab” verfassen: „Wir leben in einer Welt des ständigen Wandels. Nicht nur die Erscheinungen der Natur kommen und gehen, wir Menschen verändern uns und unsere Umwelt. Auch unser Gedächtnis ist instabil und vergesslich. Mit Identität bezeichnen wir, bei aller Veränderlichkeit und Vergänglichkeit, jenes Phänomen, das uns dennoch Orientierung erlaubt.

 

Identität fordert eine unveränderliche Wesenheit, Art, Qualität, Eigenschaft oder Wahrnehmbarkeit. Wir sind auch in der Lage zum Beispiel Menschen oder Orte wieder zu erkennen, selbst wenn vieles sich geändert hat. Wahrnehmung ist ein komplexer Vorgang, der auch Wesenszüge, Strukturen, Intentionen, etc. umfasst. Eigenschaften haften jedoch nicht einfach den Phänomenen an, sondern werden je nach der Fähigkeit, Wahrnehmbares zu lesen, unterschiedlich zugesprochen. Dies betrifft sogar unser Selbstbild, welches sich ebenfalls ändert, sobald wir uns mit neuen Formen einer Dechiffrierung von Zeichen vertraut machen. Sowohl Psychotherapie als auch Werbung ist daher Leseunterricht.

Identität erfordert immer das Vorhandensein unterscheidbarer Phänomene, bzw. die Festlegung von Individuationsprinzipien, die einem bestimmten Phänomen nicht zukommen. Identität ist wie eine Haut, die schützt und ausgrenzt, die an manchen Stellen dick und abweisend, in anderen Bereichen dünn und durchlässig erscheint. Diese Haut ist flexibel, wächst, verändert sich, dehnt sich oder zieht sich zusammen.

 

Klar umrissene, auf wenige Merkmale reduzierte Erscheinungen lassen sich leichter identifizieren, als komplexe, offene und vielgestaltige Äußerlichkeiten. Jene, die erkannt werden wollen, haben es sich daher meist zur Gewohnheit gemacht, nach Formen einer Andersartigkeit zu suchen. Design ist jenes Werkzeug, mit dessen Hilfe die Formen der Wahrnehmbarkeit entwickelt und ausgeweitet werden.

 

Wenn Identität die Haut ist, die abgrenzt und schützt, dann ist Orientierung vergleichbar der Leber, die verarbeitet, was wir an Eindrücken aufnehmen, und isoliert und verdrängt, was als unbedeutend erscheint. ...” Markus Hanzer

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