Die Welt des Walt Disney – Ideologie

Einfachheit und Normalität

Fast alle Disney Trickfilme drehen sich um den Schritt vom Kindes- ins Erwachsenenalter. In diesem Muster der Adoleszenz wirken selbst die erwachsenen Nebenfiguren wie große Kinder. Nachdem vor allem Kindern die Intentionen von Menschen und Tieren rätselhaft erscheinen, hat Walt Disney sich bemüht, in seinen Filmen die Handlungen nachvollziehbar zu gestalten.

Walt Disney ist das Sinnbild des amerikanisch-en Traums, nicht nur wegen seines Erfolgs, sondern weil es ihm gelang ein Bild Amerikas zu zeichnen, mit dem sich viele gerne identi-fizieren. Die Darstellung einer idealen, harmo-nischen Welt, in der Frieden, Eintracht und die guten, alten christlichen Werte von Fleiß und Nächstenliebe herrschen, ist ein klares Merkmal der Disney-Werke.

 

»Die Darstellung einer idealen, harmonischen Welt, in der Frieden, Eintracht und die guten, alten christlichen Werte von Fleiß und Nächstenliebe herrschen, ist ein klares Merkmal der Disney-Cartoons.« Andrej Schenk

 

»Walt Disney gilt weithin als der konventionell-ste aller großen amerikanischen Filmemacher. Das Adjektiv 'Disneyfied' ist zu einer Abkürz-ung für eine kreative Arbeit geworden, die jeden kontroversen oder wesentlichen Inhalt aufgegeben hat, um kommerziellen Erfolg zu finden. Disneys Filme waren jedoch ihrer Zeit oft thematisch voraus. Lange vor dem kultur-ellen Aufruhr der sechziger Jahre, predigten Disney-Filme  Pazifismus‚ führten eine Generation in den Begriff des Feminismus ein, boten die ersten Bilder eines Drogentrips auf der Leinwand, ermutigten junge Menschen, Ausreißer zu werden, förderten den Begriff einer sexuellen Revolution, schufen das Konzept des Multikulturalismus, forderten eine Rückkehr zur Natur, nährten den Kult des rechtschaffenen Gesetzlosen, rechtfertigten gewalttätigen Radikalismus zur Verteidigung individueller Rechte, argumentierten für gemeinschaftliches Leben und förderten antiautoritäre Einstellungen. Disney sollte mehr als jeder andere Einfluss in der Populär-kultur als der primäre Schöpfer der Gegen-kultur der sechziger Jahre angesehen werden – eine Realität, die nicht weiter von seinem 'konventionellen' Ruf entfernt sein könnte.« Douglas Brode: From Walt to Woodstock, How Disney Created the Counterculture

 

Sein Lebenswerk ist eine Antwort auf die Säkularisierung, Rationalisierung, Industriali-sierung und generelle Entzauberung des Alltags.

Auch die Gestaltung der Handlungsräume trägt wesentlich zum Verständnis einer Szene bei. Die Disney Designer:innen studieren die inter-nationalen Darstellungskonventionen, um Szenen zu entwickeln, die bei einem weltwei-ten Publikum intensive Assoziationen  und Emotionen provozieren. Da der Erfahrungs-schatz bei Kindern erst gebildet und entwickelt werden muss, hat der Konsum von Disney Produkten eine durchaus prägende Wirkung. Haben sich diese Klischees erst einmal gebildet, lassen sie sich in den Disney Parks bedienen.

Die Figuren werden so ausgeprägt 'gezeichnet', dass es uns leicht fällt, Vermutungen über deren Charakter zu entwickeln.

Entwurf einer Landschaft für »Mulan«

 

Bei den Geschichten sorgt eine dichte Verschränkung verschiedener Erzählebenen dafür, dass Kinder der Handlung gerade folgen können, aber ältere Personen immer wieder Details entdecken, deren Entschlüsselung oft auch ein umfangreiches Wissen erfordert. So kommen alle auf ihre Rechnung und fühlen sich weder unter noch überfordert. Gleiches gilt auch für die formalen Elemente. Jedes Detail trägt zur Erzählung und zum Gesamtein-druck bei. Das Bild lässt sich immer als einheitliche Komposition aber auch als eine Ansammlung vielfältigster Hinweise lesen. Erst durch wiederholte Betrachtung lassen sich alle Anspielungen entschlüsseln.

 

'Szenenbild' aus Schneewittchen und die sieben Zwerge