„CD bedeutet für mich, Erkennbarkeit zu schaffen. Das Problem der Erkennbarkeit hat sich ja in der Vergangenheit vor allem durch die Entstehung von Märkten entwickelt. Anbieter wurden über den regionalen Markt hinaus mit vielen Produkten zum selben Thema aktiv, also mit verwechselbaren Produkten. Es wurde notwendig, erkennbar zu bleiben. Die Unternehmerpersönlichkeit selbst in den Mittelpunkt zu stellen, war am Anfang eine brauchbare Lösung. Solange Unternehmen relativ klein waren und von einer Person geführt wurden, hat die Handschrift des Firmenchefs ausgereicht, Produkte am Markt wiedererkennbar zumachen.

 

Als die Unternehmen größer und internationaler und nicht mehr nur von einer Person geleitet wurden, sondern von einem Managerkonsortium, ging man dazu über, das Erscheinungsbild an eine Personzu delegieren, um wieder eine ‚Handschrift’ zu haben. In dieser Periode entstanden Gestalter-Persönlichkeiten wie Otl Aicher, die sich in der Gestaltung zwar scheinbar zurückgenommen haben, deren Persönlichkeit sich jedoch in ihrem Werk unübersehbar ausdrückt. Wurden die Aufgabenstellungen für eine Person zu komplex, schrieb man Regelwerke. Das ging lange gut. Heute sind Unternehmen durch Zukäufe so groß geworden, dass Gestaltungsaufgaben oft nicht mehr von einzelnen Agenturen geleistet werden können.

Dadurch funktioniert das Lösungsmodell der Handschrift eines Gestalters oder einer Agentur nur noch begrenzt. Heute wird eine Metastruktur benötigt, um die Arbeit unterschiedlicher Agenturen für ein Unternehmen abzustimmen. Wie eine solche Metastruktur aussehen kann, ist vielfach noch nicht deutlich. Große Konzerne wie die Allianz, die Deutsche Bank oder andere Global Player zeigen, dass sich wirklich große Markenportfolios nicht mehr mit einem klassischen CD-Konzept – alles in einer Farbe, einer Hausschrift etc. – umsetzen lassen. Sie müssen mit ihren einzelnen Marken auf unterschiedlichste Zielgruppen und regionale oder kulturelle Unterschiede in ihren Märkten Rücksicht nehmen.

 

Für die Frage, wie Metastrukturen beschaffen sein müssten, gibt es uralte Lösungen, die sich bereits vielfach bewährt haben. Die Analyse der Vielfalt der Bäume zeigt, dass z.B. jede Ulme anders ist und sich dennoch eindeutig von einer Birke oder einer Buche unterscheiden lässt, denn sie baut auf einer einfachen unverwechselbaren genetischen Struktur auf. Auch menschliche Persönlichkeiten können ein breites Spektrum an Eigenschaften in einem Charakter vereinigen. Sie bleiben erkennbar, auch wenn sich ihr Äußeres immer wieder wandelt. ..." Markus Hanzer

Martin et Karczinski | Branding Interface | Gespräche über Markenkommunikation von Morgen

Diskussionen mit Designern und Markenmanagern | Stiebner Verlag GmbH München | 2004